Samba Universo tobt beim größten Samba-Festival außerhalb Rio’s

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Veröffentlicht am 20. Juli 2018 In rhythmisch
Samba Universo tobt beim größten Samba-Festival außerhalb Rio’s
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Bem-vindo ao „melhor evento de samba fora do Brasil“

(Willkommen zum „besten Samba-Event außerhalb Brasiliens“)

Türen und Tore (und alle Schleusen) standen offen am vergangenen Juli-Wochenende, als das größte Samba-Festival außerhalb Rio’s zur mittlerweile 27. Auflage rief. Auch in diesem Jahr zog das (mir bisher wenig bekannte) Samba-Event wieder weit über 200.000 Besucher und Künstler aus aller Welt in die Coburger Innenstadt. Das Internationale Samba-Festival Coburg, wie der offizielle Titel dieses Mega-Festival-Events lautet, hat sich in der Region als eines der großen Aushängeschilder und somit mittlerweile zu einem wichtigen Imagefaktor für das bayrische Städtchen Coburg entwickelt. Im Jahr 2011 wurde das Festival mit dem „Exportpreis Bayern“ des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ausgezeichnet und drei Jahre später freute es sich sogar über die Auszeichnung als „Bestes Samba-Event außerhalb Brasiliens“. Bisher kann zwar nicht behaupten, jemals in meinem Leben bei einem echten Samba-Event in Brasilien dabei gewesen zu sein, aber diese Vorschusslorbeeren ließen eines ganz sicher nicht verheißen: Ruhe und Abgeschiedenheit, Entspannung (gepaart mit ausreichend Schlaf) und lockeres Schlendern als Tourist durch die äußerst attraktive Innenstand von Coburg.

We love Coburg

Als Freund von spontanen Wochenend-Ausflügen habe ich über viele graue Haare hinweg mittlerweile gelernt, dass der Besuch einer Mehrtages-Veranstaltung an einem einzigen Wochenende oftmals keine Chance bietet, die lokalen Gegebenheiten auch nur annähernd kennenzulernen. So war ich diesmal einer von der cleveren Sorte und habe mir bewusst im Vorfeld des Samba-Auftakts, welcher auf den späten Freitagnachmittag eingetaktet war, ein paar Tage Zeit genommen, um die Stadt im Normalzustand zu erkunden. So kann ich zumindest sagen, ich habe das wahre Coburg mal gesehen und erlebt. Wenn es rein um das Sehen geht, ist das Coburger Stadtbild im Angesicht des brasilianischen Partyflairs natürlich sehr verschleiert. Obgleich die Stadt für mich gerade außerhalb davon überraschend viel fürs Auge zu bieten hat. Aber seien wir ehrlich, wenn’s um das Erleben geht, sind die städtischen Highlights unter der Woche und ohne Festival vermutlich deutlich spärlicher gesät. Was im Sinne meines weisen Entschlusses aber die beste Vorbereitung auf das bevorstehende heiße Wochenende war. So habe ich bei noch gemäßigten Temperaturen viel gebummelt, gesportelt, gewerkelt und „gewellnesst“ – um mich dann am Freitag voller Vorfreude in den prophezeiten Ausnahmezustand zu begeben.

 

Heiße Rhythmen und knappe Outfits an jeder Ecke

Von Freitagabend ab 17 Uhr bis zum bittersüßen Ende zwei Tage später war es nun aus mit der beschaulichen Ruhe… Bereits die ersten paar Stunden am späten Freitagnachmittag, die ich noch in einem Café sitzend verbrachte, schienen in punkto Stimmung, Ausgelassenheit und Festival-Laune eine eindeutige Richtung vorzugeben. Sofort angesteckt von dieser Euphorie wagte ich die ersten Schritte ins vorfreudige Getümmel der Innenstadt. Die war zu diesem Zeitpunkt schon fast nicht mehr wieder zu erkennen und ich noch dabei, das schwere Gepäck auf meinem Rücken in Richtung Gymnasium Alexandrinum und Ernestinum – die Gruppenunterkunft der meisten angereisten Samba-Gruppen – zu buckeln. Auch hier stieß ich auf eine Atmosphäre unter den ankommenden Sambistas, die am besten mit einem Mix aus Erleichterung (dass die lange Anreise geschafft war) und gespannter Erwartung (auf dass was da gleich kommen mag) zu beschreiben ist. Von den Universos aus Dresden war allerdings noch nichts zu sehen, so dass ich mir fürs erste in dem für uns vorgesehenen Klassenzimmer eine geeignete Schlafnische aussuchen konnte.

Als der Großteil der Universos wenig später endlich aufgeschlagen war und sich ebenfalls häuslich eingerichtet hatte, konnte die Party endlich beginnen. Der erste und einzige Auftritt von Samba Universo am Freitag sollte laut offiziellem Programm allerdings erst um 23 Uhr stattfinden, was uns allen genügend Zeit gab, um vollends ins Rio mitten in Franken einzutauchen. Je älter der Tag wurde, desto knalliger wurden auch die Samba-Beats, der Kopfschmuck immer glitzernder und zugleich die Outfits immer knapper. Coburg feierte sich nun selbst und das traditionelle Samba-Festival. Bald konnten endlich auch wir mittendrin auf dem Coburger Salzmarkt mit unserem ersten Gig lautstark ins Festival-Geschehen eingreifen. Es hat große Vorteile, der letzte Act eines Schauplatzes am Abend zu sein, denn so lässt sich ganz wunderbar und ohne Zeitdruck mit all den umstehenden Gästen und Samba-Freunden bis weit in die Nacht hinein feiern und ein aufregender erster Samba-Festivaltag abschließen.

Vielen Dank an Eva und Martin Wittmer für die Bereitstellung einiger der o.a. Fotos.

 

Tänzer und Samba-Gruppen aus aller Welt brachten über 200.000 Zuschauer mächtig ins Schwitzen

Samba-Festival Coburg WetterBei heißen und hochsommerlichen Temperaturen wurde die Samba-Sause gleich am Samstagmorgen ab 10 Uhr weiter fortgeführt. Zu dieser Zeit lagen die meisten Sambistas, die Tags zuvor teils stundenlange Anreisewege auf sich genommen hatten, allerdings noch in ihren Schlafsäcken. Die mit Abstand weiteste Anreise ins Frankenland hatten sicherlich die Gruppen Samba Masala aus Singapur sowie AAINJAA aus Kolumbien. Des Weiteren waren neben vielen deutschen Baterias Gäste aus allen möglichen Ecken Europas da, wie z.B. Frankreich, England, Niederlande, Schweiz, Belgien, Polen, Österreich, Schweden, Dänemark, Spanien, Finnland und viele mehr. Bei so vielen verschiedenen Traditionen, die hier geballt aufeinander treffen, ist ein kunterbuntes Fest natürlich vorprogrammiert. Allein durch die fantastische Wetterlage, wie sie die gesamte Festivalzeit über anhielt, stellt sich fast schon automatisch das richtige brasilianische Samba-Flair ein. Für mich (als immer noch relativem Samba-Novizen) ist es immer wieder erfreulich mit anzusehen, wie unvoreingenommen und herzlich die meisten Samba-Akteure, die sich mehr oder weniger alle kennen, über sprachliche und kulturelle Barrieren hinaus miteinander interagieren. Dieses eine gemeinsame verbindende Element „Samba“ scheint irgendwie in der Lage zu sein, sowohl Grenzen als auch vorurteilsbehaftete Ketten sprengen zu können. Das erfüllt mich stets aufs Neue mit großer Freude.

Vielen Dank an Eva und Martin Wittmer für die Bereitstellung einiger der o.a. Fotos.

Aber zurück zum Geschehen: Für den Festival-Samstag standen für uns Universos diesmal weitere drei Gigs auf dem Plan, wobei der erste Auftritt zur Mittagszeit im urgemütlichen Prinzengarten zu Coburg mein persönliches Highlight werden sollte. Ich bin kein Liebhaber von riesengroßen Bühnen, wie wir sie wenig später mit der Hauptbühne auf dem Schlossplatz erlebten. Kleinere Plattformen oder auch enge Gassen, in denen sich die Zuschauer gegenseitig die Füße platt drücken, finde ich von der Atmosphäre her viel aufregender. Wenn dazu noch sommerliches Flair unter schattigen Bäumen inmitten eines geselligen Biergartens herrscht, kann die Party-Stimmung sehr schnell auf den Höhepunkt zu schwappen. Genauso geschehen ist es im besagten Prinzengarten direkt hinter dem Coburger Landestheater sowie zum abendlichen Gig an der Ehrenburg. Großartige Stimmung mit einem feierwilligen Publikum, das sich ein ums andere Mal in unseren ganz eigenen Bann ziehen ließ. Kein Wunder, denn unsere“universolle“ Festival-Show mit Snoop Dog, dem Theme von Rocky, Wilhelm Tell’s Overture sowie Mr. Oizo’s „Flat Beat“ und „Sandstorm“ von Darude war mit überraschenden Highlights gespickt, die wir bis dato nie zuvor öffentlich aufgeführt hatten. Dafür gab’s stellenweise großes Lob von den Umstehenden. Eine ältere Dame, recht unscheinbar am Straßenrand stehend, steckte mir kurz vor Auftrittsbeginn: „Ihr seid meine heimlichen Favoriten. Macht nur weiter so wie bisher und ich bin glücklich“. Ich konnte mir ein dankbares und zugleich stolzes Schmunzeln nicht verkneifen.

 

Tropisches Flair beim Festival-Abschluss mit großem Samba-Umzug und Finale

Samba Universo beim Samba-Festival-Umzug 2018 in Coburg

Die Sonne brannte weiterhin unermüdlich – auch am abschließenden Sonntag, der mit einem Mega-Umzug aller etwa 3.000 Spieler und Tänzer einen würdigen Abschluss für das größte Samba-Festival außerhalb Brasiliens bilden sollte. Die Bedingungen ließen also nichts zu wünschen übrig und so hatte die Strecke durch die historische Innenstadt schon bald abertausend gut gelaunte und in freudiger Erwartung verharrende Zuschauer um sich geschart. Samba Universo aus Dresden hatte den Startplatz 10 zugewiesen bekommen, so dass wir Gott sei Dank nicht allzu lange mit den Füßen scharren mussten bis es los ging. Vorgesehen war eine große, etwa zweistündige Schleife vom Kongresshaus über den Marktplatz bis zum Coburger Schlossplatz mit Ziel am Schloss Ehrenberg. Fast jeder Bateria hatten sich dabei mehrere Tänzerinnen oder Tänzer angeschlossen, die mit ihren aufwendigen gestalteten und nicht selten atemberaubend schönen Federkostümen wieder alle Blicke auf sich zogen und zudem – ganz nebenbei erwähnt – auch sehr viel nackte Haut zu sehen war. Als Zuschauer am Streckenrand konnte man da schon mächtig ins Schwitzen kommen. Als Spieler bei Außentemperaturen von bis zu 30 Grad sowieso.

Alle Bilder mit freundlicher Unterstützung vom Fotograf Henning Rosenbusch aus Coburg. Weitere Bilder auf seiner Facebook-Seite unter https://web.facebook.com/henning.rosenbusch

Es hat – das möchte ich an dieser Stelle schon mal festhalten – riesengroßen Spaß gemacht. Durch die Mischung aus drei Tagen entspanntem Eintauchen in Stadt und Umgebung, gefolgt von knapp drei Tagen Ausnahmezustand, hatte der Ausflug ins schöne Coburg ich für mich persönlich genau die richtige Balance. So war das Loch, in das man nach solchen Events oftmals zu fallen droht, längst nicht so groß gewesen wie erst kürzlich, als das Universum auf der BRN 2018 angekommen ist. Zumal die überschaubare Heimfahrzeit von knapp drei Stunden am Sonntagabend zeitlich geradezu perfekt gelegen war, um in Ruhe und voller Gänze das noch anstehende Fußball-WM-Finale zu verfolgen. Smartphone-Streaming in Kombination mit Radio-Live-Übertragung ist auf jeden Fall mal eine außergewöhnliche Form, um dem Fußballfieber zu frönen.

 

Zum Abschluss noch meine ganz eigenen Highlights des Wochenendes:

  • Ecole de Samba de Nantes Flor Carioca aus Nantes in Frankreich, die mit einer qualitativ hochwertigen Samba-Show, einem echten französischen Enredo sowie einer bezaubernden Chanson-Sängerin aufwarteten – Stilnote 1 plus
  • Houba Samba ebenfalls aus Frankreich, die mit ihrer total verrückten Street World Punk Samba-Show neben vielen Erwachsenen auch kleine Jungs zu begeistern wussten, die dann völlig aus dem Häuschen waren, eine CD der Band ergattert zu haben – Unterhaltungswert herausragend

 

 

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6 Kommentare zu “Samba Universo tobt beim größten Samba-Festival außerhalb Rio’s

  • MartinW on Juli 20th, 2018

    Lieber Martin, das ist einfach irre gut! Ein dickes Kompliment und Dankeschön! MartinW

  • akm-admin on Juli 20th, 2018

    Hallo Namensvetter… das war ja auch ein irre gutes Event;) Danke für dein Kompliment.

  • Katja on Juli 24th, 2018

    Heyho!
    Dein Beitrag macht auf jeden Fall große Lust, dieses Festival selbst zu erleben. Im knappen Samba-Tänzerinnen-Outfit ? (Du hast die männlichen Tänzer gar nicht erwähnt, die in Kostüm und Können den Damen durchaus Konkurrenz machen ??)
    Samba olé!
    Katja

    • akm-admin on Juli 24th, 2018

      Hallo Katja, ich kann ja nicht schon alle kleinen Geheimnisse verraten… sonst kommt ja keiner mehr hin zum Festival. Aber es stimmt, einige der männlichen Gefiederten brauchen sich in punkto Auftreten und Wirkung keinesfalls hinter den Tänzerinnen verstecken.

  • Daniel on August 16th, 2018

    Lieber Martin,
    es macht einfach nur total gute Laune Deine Beiträge zu lesen:). Da bin ich gleich wieder in Gedanken in Coburg und tanze durch die Nacht und suche am nächsten Morgen meine Surdo. Herzlichst, Daniel

    • akm-admin on August 17th, 2018

      Servus Daniel, danke für deine Nachricht und ich freue mich, dass ich dir und euch (und auch mir selbst;) im Nachgang noch so viel Spaß beim Lesen verbreiten kann.

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